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„Die Lesung beginnt mit dem 1959 in Temeschburg geborenen
Carl Gibson, der sein zweibändiges Werk „Symphonie der Freiheit“ präsentiert.
Darin berichtet er, wie er aufgrund massiver systemimmanenter Freiheitsbeschneidungen
zum Widerstandskämpfer wurde. Seine Arbeit im Untergrund gipfelt in
vielfältigen Auseinadersetzungen mit dem berüchtigten Geheimdienst Securitate.
Sein Streben nach Freiheit wurde mit jahrelanger Verfolgung, Folter und zuletzt
mit Gefängnishaft, die ihn an den Rand seiner körperlichen und seelischen
Kräfte bringt, bestraft. Doch Gibson hält durch, bis er endlich in die Bundesrepublik
ausreisen darf.
v. l. n. r:
Carl Gibson, Katharina Ortinau, Uwe Detemple, Johann Fuhry, Norbert
Merkle, Michael Kopp
Der Autor, der seit 30 Jahren im Westen lebt,
schildert die Zeit von 1965 bis 1979. „In Rumänien wurde im Februar 1979 eine
Freie Gewerkschaft gegründet“, berichtet Gibson. „Etwa ein Jahr vor der Solidarnosc-Bewegung
in Polen. Das ist hier weitgehend unbekannt.“
Er gehört zu den wenigen, die mutig genug waren, für
ihre Überzeugung öffentlich einzustehen. Er wird zum Sprecher der inzwischen
unterdrückten Freien Gewerkschaft rumänischer Arbeiter im Westen und reicht bei
der UNO in Genf gegen den rumänischen Staat Klage ein, um die
Ceausescu-Regierung wegen permanenten Menschenrechtsverletzungen zur
Rechenschaft zu ziehen. Der spätere Sturz des Diktators ist zu diesem Zeitpunkt
noch nicht absehbar.
Die Machenschaften des sozialistischen Staates sind
den Menschen im Publikum nicht unbekannt. Gibson zeigt in dieser Lesung die
ganze Brutalität dieses Regimes, das mit aller Härte gegen Andersdenkende
vorgeht.
Das zweiteilige Buch, das im Mai im J. H. Röll Verlag
erscheinen wird, ist nicht nur ein autobiographisches Werk. Es ist ein Buch
über Freiheit und Musik, über Identität und Heimat, über das Leben in einer
Diktatur und über die Bedingungen von Dissidenz und Widerstand. Es ist ein
politisch-historisches Buch mit philosophisch-psychologischen Reflektionen. Man
kann es als spannenden Politkrimi lesen, aber auch als interdisziplinäres
Standardwerk. Es ist für einen großen, vielschichtigen Leserkreis geschrieben.
Der Autor, ausgebildeter Philosoph, Historiker und Germanist, ist seit 1997
freiberuflich tätig.
Als Gibson zum Schluss noch das Kapitel liest, in dem
er sich kurz vor seiner Ausreise von seinem Dorf, von seinem Elternhaus und
seiner zurückbleibenden Großmutter verabschiedet, ist ihm das Mitgefühl und die
Anteilnahme der Menschen im Publikum sicher. Es ist mäuschenstill im Raum, denn
alle wissen, wie es sich anfühlt, wenn man alles zurück lässt und ohne konkrete
Vorstellung in eine neue, unbekannte Welt in den Westen auswandert.
Links im Bild Günther Ott, Aidlingen und Carl Gibson – Ein erster Blick in das
von Nikolaus Fuhry und Peter Hummel verfasste: Familienbuch der katholischen Pfarrgemeinde Sackelhausen in drei Bänden.
Der hart erkämpfte Weg in die Freiheit war das
verbindende Thema zwischen Referenten und Zuhörern, die sich am 24. Februar in
der Gaststätte Schwarz-Weiß in der Reutlinger Marie-Curie-Straße zu einer
Lesung trafen.
Eingeladen hatte die Heimatortsgemeinschaft Sackelhausen,
der Kreisverband Reutlingen der Landsmannschaft der Banater Schwaben und der
Ortsverband Reutlingen der Donauschwaben.
Die gemeinsame Vergangenheit der etwa 150 Anwesenden,
die in der Mehrheit aus Sackelhausen stammen, lässt sich nicht leugnen. Die
herzliche Begrüßung, die angeregten Gespräche und der einzigartige Dialekt
zeugen von Vertrautheit und einem Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich diese
Volksgruppe bis heute erhalten hat. Obwohl einige bereits 30 Jahre und länger
in Reutlingen oder in anderen Teilen der Bundesrepublik leben, haben sie ihre
Wurzeln und die entbehrungsreichen Jahre in der alten Heimat nicht vergessen.
Die Autoren dieser Lesung rekonstruieren diesen gemeinsamen
Teil ihres Lebens und zeichnen in ihren Werken die Zeit des Umbruchs und die
Zeit des Widerstands gegen die sozialistische Diktatur nach. Das Publikum kennt
diesen Widerstand im Kleinen, durch die alltäglichen Auseinandersetzungen mit
dem Angst einflößenden und menschenverachtenden Ceausescu-Regime.
In einer umfassenden Einführung von Katharina
Ortinau, Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Sackelhausen, werden die
Autoren vorgestellt.
Carl Gibson mit Freunden
Die Betroffenheit der Anwesenden wird durch ein
beschwingtes Lieder-Potpourri von Matthias und Dieter, die für das musikalische
Rahmenprogramm zuständig sind, wieder aufgelockert.
Dann ist der in Hatzfeld geborene Uwe Detemple dran.
Er stellt sein Buch „Mein Rumänien – Revolution & Poesie“ vor, ein
engagiertes, leidenschaftliches Buch über die rumänische Revolution von 1989 (
…)
Nach einer weiteren musikalischen Überleitung stellt
Nikolaus Fuhry das mit Peter Hummel verfasste Familienbuch der katholischen
Pfarrgemeinde Sackelhausen vor. Es ist das Ergebnis jahrelanger Recherchen und
beinhaltet alle Angaben über die katholischen Einwohner der Gemeinde in der
Zeit von 1766 bis 2007. Es ist ein Nachschlagewerk, das Auskunft gibt über
Vorfahren und Verwandtschaftsverhältnisse, über Eheschließungen und familiäre
Verbindungen, die fern der Heimat eine besondere Bedeutung bekommen.
Knapp drei Stunden Heimatgefühle am
Sonntagnachmittag, schöne und schaurige Erinnerungen aus einer anderen Welt,
hat die Menschen, die im Westen längst ein befreites Leben führen, wieder ein
Stück näher zusammen gebracht.“
Dietlinde
Besch
Auszug
aus: Banater Post, 25. 03. 2008
Abschnitt über Carl Gibson nach vorn verschoben.
mit 16 Tuschezeichnungen von Michael Blümel
Literarischer
Nachmittag
Der in Bad Mergentheim lebende Schriftsteller und Philosoph
Carl Gibson las zwei Kapitel aus seiner noch unvollendeten Autobiographie.
Gibson wurde 1959 in Temeswar geboren, wuchs aber in Sackelhausen auf. Ab 1976
engagierte er sich als Bürgerrechtler, ein Jahr später wurde er verhaftet, als
er versuchte, die Charta des oppositionellen Schriftstellers Paul Goma zu unterzeichnen.
Mehrfach wurde er von der Securitate verhört, teils auch gefoltert. Mit dem
Vorwurf, eine anarchistische Organisation gegründet zu haben, verbüßte er sechs
Monate im Zuchthaus. Das erste von Gibson vorgetragene Kapitel schilderte
eindringlich die befremdlichen Wahrnehmungen nach seiner Entlassung, es sind
die Stunden, als bei dem bis zum Skelett abgemagerten Freiheitskämpfer Lähmung
und Starrheit langsam neuen Lebensgeistern weichen. Mit Erwin, seinem
Leidensgenossen, zieht er Bilanz und konstatiert, daß Widerstand in einer
Diktatur erfolgreich sein kann, weil gewisse Teilziele erreicht, einige Ideale
aber auch der Desillusion zum Opfer gefallen seien. Als persona non grata wird
Gibson zum Staatenlosen gestempelt und des Landes verwiesen – in die ersehnte
Freiheit. Bevor er die Grenze überschreitet – so der Inhalt des zweiten
vorgetragenen Kapitels mit der Überschrift „Elegie – oder: Ein Abschied für
immer“ –, nimmt er bei einem Besuch in Sackelhausen Abschied von der Heimat
und der Welt von gestern, von einer glücklichen Kindheit, vom Elternhaus, wo
jetzt höfliche und fromme Rumänen wohnen, denen er ihr neues Heim gönnt.
Man darf gespannt sein auf das Erscheinen dieser Memoiren,
die wohl mancherlei neuartige Akzente, nicht zuletzt über das Wesen des
Widerstands im Rumänien des Conducators Ceausescus zwischen aktiver Dissidenz
und loyaler Kritik erwarten lassen, zumindest dann, wenn der Autor seinen
eigenen sachlichen Anspruch einlöst, nämlich nicht auf Selbstmythisierung zu
setzen, sondern auf die „Authentizität der Ereignisse und faktischen Abläufe
sowie auf die phänomenologische Beschreibung selbst gemachter Erfahrungen auf
unterschiedlichen Ebenen“. In seinem „Bericht eines Zeitzeugen“
sucht Gibson einen fünfzigjährigen Abschnitt der Zeitgeschichte einzufangen und
dabei das individuelle Wollen und Handeln in die makropolitische Situation
hineinzustellen. Weil das Manuskript auf über 1000 Seiten angewachsen ist, hat
der Autor es in zwei Werke geteilt und den ersten Part „Symphonie der
Freiheit“ genannt. (Unter www.gibsonpr.de ist mehr über Struktur
und Absicht dieses Erinnerungswerks zu erfahren.)
Stefan Teppert, in: Sackelhausener Heimatblatt, 2008,
Auszug.